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Erkundungsreise am höchsten Vulkan der Welt

 

Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius, über 50 % Sauerstoffabnahme und schlaflose Nächte bei Schneesturm im engen Zelt; schwierig vorstellbar, doch Gegebenheiten, an die man sich am höchsten Vulkan der Welt gewöhnen muss.

 

Nachdem Peak Evolution Mitte 2018 ins Leben gerufen wurde, war uns schnell klar, dass wir uns den 6893 Meter hohen Ojos del Salado in Chile vor Ort anschauen müssen.  Nur so konnten wir verstehen auf was wir uns einlassen.

Von Dezember bis Februar ist in Anden Bergsteigersaison und so haben wir uns im Januar 2019 auf eine 4-wöchige Erkundungstour nach Chile begeben. Unser Ziel: Erste Erfahrungen mit dem Höhenbergsteigen zu machen, die Erkundung einer fahrbaren Route, Abklärungen mit den Behörden vor Ort bezüglich Bewilligung und das Erklimmen des Gipfels.

Da wir begeisterte Mountainbiker sind und das Team sicher sein will, dass es auch unter zusätzlich erschwerten Bedingungen zurechtkommt, wurde das Ziel angepasst; erklimmen des Gipfels inklusive Mountainbike.

 

In Chile angekommen, haben wir in Rekordtempo auf die brache Ladebrücke unseres gemietetem Pickup Fahrzeuges einen rudimentären Camperaufbau gezimmert. Dieser Platz diente für die gesamte Ausrüstung und zum Schlafen, wobei zu bemerken gilt, dass regelmässig der eine oder andere von uns mitten in der Nacht mit Platzangst aufgeschreckt ist.

Bevor wir uns an den Rand der Atacama-Wüste begeben haben, wo der Ojos del Salado steht, stand eine 10tägige Akklimatisationsphase mit Basecamp in La Parva oberhalb von Santiago de Chile (3000 M.ü.M), wo sonst die europäischen Skifahrer ihr Sommertraining auf Schnee absolvieren, auf dem Programm.  Höhepunkt der ersten Phase war das Besteigen des 5424 Meter hohen Cerro El Plomo mit dem Mountainbike und dies nachdem wir mit Sicherheit eine der miserabelsten Nächten seit Lebzeiten auf 4500 Meter verbracht hatten.

Fazit: Ab 5000 Meter hat man die Höhe so richtig zu spüren bekommen und man wollte auf dem Gipfel so schnell wie möglich wieder nach unten, gleichzeitig wurden wir uns bewusst, dass dies dann die durchschnittliche Schlafhöhe bei der Akklimatisation am Ojos del Salado sein wird.

 

Eine 1000 Kilometer lange Autofahrt von Santiago nach Copiapo, der letzten Stadt bevor man die Zivilisation in Richtung Ojos del Salado verlässt, war der nächste Schritt. Dort hiess es Essen und Wasser für weitere 10 Tage zu kaufen, bevor die 300 Kilometer lange Autofahrt bis zum Fusse des Ojos del Salado bewältigt wurden.

Ehe wir die Schweiz verlassen haben, hat man uns gesagt in der Atacama Wüste gebe es beinahe keinen Niederschlag und es scheint immer die Sonne. Zu unserem Erstaunen sind wir 50 Kilometer vor dem Ojos del Salado in eine gewaltige Gewitterfront mit Schneefall gefahren, welche sich die Tage darauf regelmässig wiederholt hat. Bis zum Mittag stetig perfektes Wetter, anschliessend innert kürzester Zeit ein Wechsel auf Schneefall begleitet mit Blitz und Donner.

Dieses Prozedere haben wir uns dann für die nächsten 6 Tage angetan, wobei der Vormittag immer für Akklimatisationstouren, ausgehend von Laguna Verde 4500 M.ü.M oder Camp Atacama 5300 M.ü.M, in höher gelegenen Gegenden gut genutzt wurde.

Wir wären eigentlich bereit gewesen für den Angriff auf den Gipfel, doch das Wetter war viel zu unsicher. Über das Satellitentelefon hatten wir uns neue Wetterdaten aus der Schweiz zukommen lassen, welche aber wiederrum keine vielversprechende Besserung für die nächsten Tage prophezeiten. Diese unangenehme Warterei ging an die Substanz und wir haben uns entschieden das Gebirge zu verlassen, zurück nach Copiapo um für eine Nacht in einem Hotel zu schlafen. Ein paar frische Lebensmittel kaufen, danach aber sofort zurück in die Höhe da wir sonst an Akklimatisation einbüssen. Nach zwei weiteren Tagen in der Höhe, aber ausserhalb der Schlechtwetterfront, fuhren wir zurück zum Camp Atacama, welches mit ein paar Off-Roadfähigkeiten gut mit dem Fahrzeug erreichbar ist. Das Camp mit dem tief verschneiten Ojos del Salado im Hintergrund war leer, denn alle anderen Expeditionen haben ihren Versuch abgebrochen. Lokale Bergführer haben gesagt, so ein Wintereinbruch im chilenischen Sommer hatten sie in den letzten 20 Jahre nie erlebt. Schlechte Voraussetzungen um den Berg zu besteigen, auch weil seit 3 Wochen niemand mehr oben war und dementsprechend keine Aufstiegsspur im Schnee vorhanden war.

Es blieb uns nichts anderes übrig als einen Versuch zu starten, denn das gute Wetterfenster war kurz und der Flieger wäre sonst ohne uns in die Schweiz zurückgeflogen. Nach einer weiteren Nacht in Atacama haben wir versucht mit dem Pickup ins höher gelegene Camp Tejos vorzustossen. Ohne Schneeketten nicht machbar und wir haben das Fahrzeug auf halber Strecken mit einem platten Reifen, dummerweise war es bereits der Ersatzreifen, stehen lassen müssen. Somit zu Fuss weiter nach Tejos, wo wir auf 5800 Meter die Nacht bei Sturm und Kälte verbracht haben. Tagwacht um 03:00 Uhr, da wir mit einem äusserst zeitraubenden Aufstieg rechneten.

Bis zum Sonnenaufgang war es so eisig kalt, dass David Koller mit Erfrierungserscheinungen an den Füssen und mangelnder Energie, welche ihm eine Grippe die Tage zuvor geraubt hat, umkehren musste. David Pröschel und Patrik Koller kämpften sich mit 14 kg Mountainbike auf den Schultern und knietiefen Schnee weiter Richtung Gipfel. Nach 8h haben sie den oberen Krater des Vulkans erreicht und der Gipfel schien greifbar nahe. Doch der wirklich strenge Teil stand noch vor ihnen. Für die letzten knapp 100 Höhenmeter bis zum Gipfel brauchten sie 3 Stunden, da der Schnee hüfttief war und der mangelnde Sauerstoff die Atmung so richtig ans Limit gebracht hatte. Drei Schritte nach oben, einer zurück und eine halbe Minute Verschnaufpause, waren in etwa der Rhythmus bis zum Gipfel. Zum Schluss mussten sie sogar noch eine Felskletterei bewältigen inklusive Patriks Fahrrad, der es bis nach oben mitgetragen hat. Der Abstieg im tiefen Schnee war ebenfalls sehr mühsam, da nur die kompakten Stellen fahrbar waren. Doch jeder Meter war Balsam für Kopf und Lunge.

 

Das Team weiss nun, dass es sich an die Höhe gut anpassen kann und auch unter den widrigsten Bedingungen zurechtkommt. Ebenfalls haben sie das Gelände analysiert und wissen, dass es eine fahrbare Route gibt, dessen Steigung sich in einem machbaren Bereich befindet, um einen neuen Höhenweltrekord aufzustellen.